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Schmerz ist Ausdruck von Selbst-Entfremdung

Schmerztherapie in der Traditionellen Chinesischen Medizin

Autorin: Dorothee Maria Scheiing
Heilpraktikerin

Leseprobe aus der LACHESIS Nr. 34
zum Thema "Schmerz"

DIE MÖGLICHKEITEN, SCHMERZEN ZU LINDERN ODER GAR VOLLSTÄNDIG ZU UNTERDRÜCKEN, WAREN LANGE ZEIT DAS AUSHÄNGESCHILD DER AKUPUNKTUR, NICHT ZULETZT DURCH SOLCH SPEKTAKULÄRE BERICHTE WIE BAUCHOPERATIONEN UNTER ALLEINIGER AKUPUNKTURBETÄUBUNG. FÜR EINEN ZEITLICH BEGRENZTEN SCHMERZ MIT EINDEUTIGER URSACHE REICHT ES AUCH TATSÄCHLICH AUS, DIE NADELN AN DEN STRATEGISCH WICHTIGEN STELLEN GEKONNT ZU SETZEN UND ZU MANIPULIEREN, UM DEN SCHMERZ NICHT ZUM BEWUSSTSEIN VORDRINGEN ZU LASSEN. ABER GENAUSO WENIG WIE MAN EINE PATIENTIN DAUERND UNTER NARKOSE STELLEN KANN, KANN MAN SIE IN DAUERNADELUNG HALTEN, OHNE DIE WIRKUNG ZU TORPEDIEREN ODER ANDEREN SCHADEN ANZURICHTEN.

So sind die Behandlungsmöglichkeiten bei chronischen Schmerzen weitaus komplexer, dies umso mehr je geringer die körperliche Ursache für diesen Schmerz ausfällt. Wir beschäftigen uns im Folgenden daher vor allem mit dem chronischen Schmerz, der mal hier und mal dort auftritt, aber immer präsent ist und das Leben beherrscht. Auch wenn er auf eine Region fixiert ist, steht sein Ausmaß oft in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Beschädigung des Gewebes.

Moderne Wissenschaften, wie die Psychoneuroimmunologie und die Gesundheitspsychologie erforschen zur Zeit die körperlich-seelisch-geistigen Zusammenhänge dieses Schmerzes, und kommen zu denselben Erkenntnissen wie sie in chinesischen Schriften bereits vor mehr als tausend Jahren formuliert wurden. Wichtig finde ich hier vor allem, dass seelische und körperliche Schmerzen in den gleichen Regelkreisen verarbeitet werden und deshalb austauschbar sind, bzw. sich wechselseitig hervorrufen können. Und das das Symptom Schmerz diagnostisch am wenigsten auf einen körperlich klar umrissenen Schaden hinweist, der mehr oder weniger gut flickbar ist, sondern vielmehr auf eine biographische Geschichte von emotionaler Vernachlässigung, sozialer Isolation oder andere traumatische Erlebnisse wie frühkindliche Trennung vom Elternhaus, Missbrauch, Mobbing, usw., die dazu führen, dass auch alltägliche Belastungen nicht mehr gut verarbeitet werden können.

Emotionale Belastungen oder Erlebnisse, die nicht angemessen verarbeitet werden können (= ausgeschieden oder assimiliert) führen zu einer Abschirmung vor den damit verbundenen Gefühlen, um weitere Verletzung zu verhindern. Bleibt dieser Zustand länger bestehen, wird der Mensch in seiner Lebendigkeit, die freie Entfaltungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen erfordert, behindert. Ein Abbremsen der eigenen Lebendigkeit führt zwangsläufig zu einem Abbremsen der freien Bewegung des Qi und umgekehrt, ein Teufelskreis entsteht. Je weniger Gestaltungsmöglichkeiten des eigenen Lebens eine Patientin sieht oder hat, umso stärker sind voraussichtlich ihre Symptome.

Auswirkungen auf der psychischen Ebene:
Jede traumatische Erfahrung blockiert die Bewegung des Qi und damit die Verbindung zwischen Yin und Yang in einem oder mehreren Wandlungsphasen. Dies hat zur Folge, dass die Qualität dieser Wandlungsphase nicht oder nur unzureichend gelebt werden kann, weil der Yang-Aspekt (Agieren in der Welt) nicht sehen kann welches Begehren im Yin-Aspekt liegt. Bei frühkindlichen Traumatisierungen wird die Verbindung zwischen Herz und Niere blockiert und damit die Möglichkeit, ein authentisches Gefühl für das eigene Selbst und die eigenen Grenzen zu entwickeln. Der weitere Lebensweg orientiert sich nicht länger am eigenen Begehren. Vermeintliches Sollen tritt an die Stelle von bewusstem Wollen, weil dieses nicht mehr erinnert wird. Bei Traumatisierungen nach dem 18.Lebensjahr greifen die Auswirkungen in der Regel nicht mehr so tief, weil die Grenze zwischen dem Selbst und der äußeren Welt ausgebildet ist.
Die Herz-Niere-Achse ist die Grundlage für das "authentische Selbst" oder die "ursprüngliche Natur" (= De) jedes Menschen. Das Schriftzeichen für De zeigt einen sich frei bewegenden / handelnden Menschen, dessen Wahrnehmung der Welt mit der Wahrheit des Herzens übereinstimmt (nicht von der eigenen Intuition abweichen lässt). Eine Störung äußert sich beispielsweise auch im posttraumatischen Stresssyndrom.

Auswirkungen auf der physischen Ebene:
Dort wo das Qi stagniert können auch die Körperflüssigkeiten nicht mehr fließen und es bildet sich ein Konglomerat aus Qi, Blut und Schleim mit Fülle auf der einen und Leere auf der anderen Seite. Das im Bereich des Konglomerats und das dahinter liegende Gewebe wird nicht mehr ausreichend versorgt und es entsteht Schmerz. Zeit und Ort des Auftretens und die Qualität des Schmerzes zeigen, welche Wandlungsphasen und welche Substanzen von der Stagnation betroffen sind und ob es sich um einen Fülle- oder Leere-Schmerz handelt.

Um zu einem geeigneten Behandlungskonzept zu gelangen ist neben dieser symptomatischen Diagnose aber auch eine Erhebung des Lebensweges, mit Schwerpunkt auf die frühe Kindheit, die Zufriedenheit mit dem sozialen Umfeld (Arbeit, Familie, Freunde) und der Zeit, in der die Schmerzen begannen, notwendig.

Mit der therapeutischen Auflösung der Stasen kommt die Erinnerung an die Gründe für ihre Entstehung zurück (Gefahr der Retraumatisierung). Darum setzt sich die Behandlung aus drei Teilbereichen zusammen:

  • Herstellen einer therapeutischen Beziehung in der sich erwünschte Ergebnisse auch ereignen können. Dazu gehört auch langsames Vorgehen und das Thematisieren von Erleben
  • Akupunktur und Gua Sha um die Blockaden (Substanzen, Emotionen) zu lösen und Pathogene (alles was nicht assimiliert werden kann) auszuleiten
  • Erarbeiten wie Wohlbefinden für die Patientin aussieht, um den Fokus auf Positives zu lenken. Energie folgt der Aufmerksamkeit!
    Eventuell ist auch die Empfehlung einer begleitenden Psychotherapie sinnvoll.

Bei jeglicher Form von Schmerzen gilt zusätzlich:

  • Reduzierung von kalter und saurer Nahrung und Getränke und von Kaffee
    Kälte verursacht Kontraktion und damit Stagnation
    Sauer führt zu intensiverer Wahrnehmung der Schmerzen und macht nervös
    Kaffee erhöht Ausscheidung (Mineralien, Vitamine) und erschöpft die Nieren
  • ausreichender Schlaf und Ruhepausen, um nicht unnötig Blut zu verbrauchen
  • energetisch hochwertige Nahrung und Getränke zur Neubildung von Qi und Blut
  • gründliches Entrümpeln in allen Bereichen schafft freie Sicht
  • Hitziges und Erhitzendes meiden bewahrt das Blut

Grundlagen
Um zu verdeutlichen warum die gewählten therapeutischen Interventionen sowohl dem physischen als auch psychischen Erfordernis der Patientin gerecht werden, möchte ich an dieser Stelle kurz einige theoretische Grundlagen klären.
Der San Jiao (= Dreifacher Erwärmer: oberer (Feuer, Metall) mittlerer (Erde, Holz) und unterer (Wasser, Holz)) stellt das Kommunikationssystem zwischen Innen und Außen und allen Wandlungsphasen dar. Seine physiologische Gestalt, Cou Li, entspricht den Faszien, die die gesamte Körperoberfläche, alle Gewebe und Organe nicht nur wie eine schützende Hülle umkleiden, sondern auch miteinander verbinden. Die subcutanen Faszien sind daher ein Ort an dem sichtbar werden kann, was im Inneren vor sich geht und über den innere Blockaden und Störungen aufgelöst werden können. Die Fähigkeit des San Jiao ist es tragfähige soziale Beziehungen aufzubauen. Traumatisches Erleben jenseits des 18. Lebensjahres wird durch den San Jiao vom Herzen ferngehalten.(.............).

(Ende der Leseprobe)

 

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