Transgeschlechtlichkeit
Hinweise für Heilpraktiker_innen und andere medizinische / therapeutische Berufsgruppen
Autor_innen:
TransInterQueer e.V. (TrIQ)
www.transinterqueer.org/docs/info_med_berufe.pdf
Leseprobe aus der LACHESIS Nr. 41
mit dem Thema: "Räume der Erinnerung"
In den letzten Jahren haben die Thematisierung von Transgeschlechtlichkeit und die Sichtbarkeit transgeschlechtlicher Menschen deutlich zugenommen. Transgeschlechtliche Menschen gehen zunehmend offen damit um, dass ihre geschlechtliche Identität nicht mit dem äußeren körperlichen Schein übereinstimmt, und formulieren daher ihre speziellen Bedürfnisse immer klarer.
Dennoch gibt es viele Situationen, in denen transgeschlechtliche Menschen aufgrund der Differenz zwischen ihrer geschlechtlichen Identität und ihrer körperlichen Erscheinung diskriminierende und verletzende Erfahrungen machen – manchmal ohne dass ihr Gegenüber dies möchte oder überhaupt bemerkt. Dieser Artikel soll einen Leitfaden an die Hand geben, der in solchen Situationen hilft, in denen Heilpraktiker_innen oder Vertreter_innen anderer medizinischer / therapeutischer Berufsgruppen wie z.B. Ärzt_innen, Psycholog_innen, Therapeut_innen zwangsläufig mit der besonderen Verletzlichkeit transgeschlechtlicher Personen konfrontiert werden.
Wie also ist am besten zu reagieren, wenn ein Mensch in die Sprechstunde kommt, bei dem Unsicherheit entsteht, ob die Anrede »Frau« oder »Herr« passend ist, oder wenn der_die Patient_in eröffnet, transgeschlechtlich bzw. transgender zu sein?
Allgemeine Hinweise
Anrede
Auf den verwendeten Vornamen achten und gegebenenfalls die Anrede und das verwendete Pronomen anpassen!
Falls es keine Differenz zwischen dem genannten Vornamen und dem (möglicherweise gegengeschlechtlichen) Vornamen auf z.B. einem Fragebogen zu persönlichen Daten oder der Krankenkassenkarte gibt, die Transgeschlechtlichkeit aber bekannt oder auch nur vermutet ist, ist wichtig zu fragen, ob der Mensch gegenüber mit Herr oder Frau oder anders (z.B. mit dem Vor- und Nachnamen) angesprochen werden möchte.
Falls die Transgeschlechtlichkeit erst im Laufe des Gesprächs oder zu einem späteren Zeitpunkt zur Sprache kommt, dann nach der gewünschten Anrede fragen! Sonst wird das in diesem Moment in den_die Behandler_in gesetzte Vertrauen verletzt.
Gesund oder krank?
[…]
Welche Hilfe kann gegeben werden?
[…]
Wer ist der Fachmann / die Fachfrau / der Fachmensch?
[…]
Information zum Procedere der Geschlechtsangleichung
[…]
Medizinische / psychotherapeutische Maßnahmen
[…]
Juristische Maßnahmen
[…]
Hinweise für Untersuchungen und Behandlungen
Diese Hinweise betreffen nicht nur die Geschlechtsorgane im engeren Sinn, sondern körperliche Berührung in jeder Form, sei es als Untersuchung oder Behandlung.
Primäre und sekundäre Geschlechtsorgane, die eventuell untersucht werden müssen, lassen sich für viele transgeschlechtliche Menschen nicht oder nur eingeschränkt in Übereinstimmung mit ihrer geschlechtlichen Identität bringen. In vielen Fällen ist die aktuelle Begegnung nicht das erste Erlebnis mit körperlichen Untersuchungen, sondern schließt an eine Reihe von Erfahrungen an, die oftmals als sehr unangenehm, demütigend oder sogar als traumatisierend empfunden wurden (z.B. gynäkologische Untersuchungen bei männlichen Transmenschen [sog. Frau-zu-Mann], urologische Untersuchungen bei weiblichen Transmenschen [sog. Mann-zu-Frau] usw.).
Daher bitte folgende Hinweise beachten:
Beschreiben Sie dem zu untersuchenden Menschen Schritt für Schritt, was geplant ist (Berührungen, Einführen von Instrumenten, etc.) und fragen Sie nach dessen Einwilligung vor (!) dem Beginn.
Fragen Sie den zu untersuchenden Menschen nach persönlichen Sensibilitäten und vermitteln dann deutlich, dass das Gesagte angekommen ist.
Achten Sie verstärkt auf Signale der Patient_innen – Untersuchungsmethoden, die bei nicht transgeschlechtlichen Patient_innen in der Regel kaum Unbehagen verursachen, können für diese Patient_innengruppe traumatisierend sein.
Unterscheiden Sie zwischen persönlichen und/oder professionellem Interesse bzw. Neugierde und dem eigentlichen Grund der Untersuchung. Bitte daran denken, als Behandler_in nicht die erste Person zu sein, die Fragen nach körperlichen Veränderungen, Sexualität etc. stellt, und dass diese Fragen von Vielen als Übergriff erlebt werden.
Hinweis zur Intergeschlechtlichkeit
Medizinisch und rechtlich sowie im Erleben sind Trans- und Intergeschlechtlichkeit von einander zu differenzieren.
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Transgeschlechtlichkeit
Transgeschlechtlichkeit ist ein weit gefasster Oberbegriff für alle Menschen, die nicht oder nicht nur in dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht leben können oder wollen.
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(Ende der Leseprobe)
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